Überparteiliche Bürgerinitiative
Öffnet den Karlsplatz!
 Für einen Platz der Offenen Kulturen
   
  P R E S S E S P I E G E L
wienweb.at - 23.4. 2003

Karlsplatz

Verkehrshölle oder Kulturknotenpunkt

Zwei Errungenschaften der Neuzeit findet man am Karlsplatz reichlich: Autos und Museen. Seit kurzem setzt sich eine Bürgerinitiative für weniger Verkehr und mehr Kultur ein. Die Stadt Wien setzt auf noch mehr Museum.

von Andreas Kremla

Früher war hier der Naschmarkt. Alles, was per Wagen in die Stadt gebracht wurde, gab es am größten Platz des alten Wien zu kaufen. Heute wird Kultur gehandelt. In chronologischer Reihenfolge entstanden Künstlerhaus, Secession, Musikverein, Historisches Museum der Stadt Wien; und als jüngster Karls-Platzhirsch der Kunsthalle-Container.

Verkehr schneidet Kultur

Kultur hin oder her: zum Bummeln lädt der Platz nicht ein. Friedrichsstraße und Wiedner Hauptstraße vierteilen ihn mit ihren Verkehrsströmen. Grund genug, einen Verein zu gründen. Seit Anfang des Jahres bemüht sich die Bürgerinitiative "Öffnet den Karlsplatz" um mehr Kultur und weniger Verkehr. Über 1000 Unterschriften hat man bereits gesammelt, um "einen Raum der künstlerischen und urbanen Bewusstseinsbildung zu schaffen.". Dieses Ziel lasse sich aber nur erreichen, wenn, so Mitinitiator Wolfram Liebig: "diese unerträgliche Verkehrshölle für die neuen Kunstformen geöffnet wird". Einen Aktionstag dazu ist am Freitag (25.04.) geplant.

Kultur braucht Stadt

Ein Vertreter dieser neuen Kunstformen kann mit der Hölle gut leben: Die international renommierte Medienkunst-Initiative Public Netbase soll auf den Karlsplatz übersiedeln. Ihr Leiter Konrad Becker hofft darauf, "dass hier ein Fokus für eine zeitgemäße und engagierte kulturelle Praxis entstehen kann - abseits der musealen Repräsentationskultur." Becker glaubt, dass die kritische Ecke der Wiener Kunstwelt "sich von einem Verkehrsknotenpunkt nicht abgestoßen fühlt, sondern eher angezogen." Und hofft auf die Ansiedlung anderer unabhängiger Kulturanbieter. Konkrete Pläne liegen allerdings noch nicht vor.

Stadt setzt auf Museum

Auch Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny hat den Karlsplatz im Visier. Auch für ihn heißt der nächste Stichtag Freitag, 25.04.: Auf dem Programm steht eine Pressekonferenz mit Wolfgang Kos, dem neubestellten Direktor des stadteigenen Historischen Museums. Eines der Themen, laut Mailaths Pressesprecherin Saskia Schwaiger "Mögliche Kooperationen mit dem Künstlerhaus". Was nach kulturellem Konzept klingt, könnte in der Praxis sehr banal aussehen: Das Historische Museum platzt aus den Nähten, das Künstlerhaus leidet unter Besucher- und Geldmangel. Eine Übernahme von Ausstellungs- und Lagerräumen wäre naheliegend.

Museumskultur als Konzept?

Im Kampf um den Karlsplatz fällt der Stadt Wien nicht nur die Rolle der Museums-Eigentümerin zu. Aufgabe von Kultur- und Verkehrsressort wäre es auch, die gesammelten Visionen in einen ausführbaren Plan zu gießen. Diesen vermisst zumindest Konrad Becker: "Das Historische Museum der Stadt Wien zu nehmen und flach über den ganzen Platz zu drücken, ist aus unserer Sicht kein Konzept." Vielleicht sind ja noch größere Würfe in Arbeit. Danach gefragt weist Schwaiger darauf hin, "dass es derzeit eine ressortübergreifende Arbeitsgruppe gibt, die erhebt, wie weit unsere Pläne zum Kunstplatz Karlsplatz auch verkehrsplanerisch umsetzbar sind."

Beschlossen und publiziert ist von diesen Plänen bisher nur ein Leitsystem, das Besuchern den Weg zu den Kultur-Locations weisen soll. Weiteres bleibt abzuwarten. Gewarnt werden darf vor einem Kultur-Naschmarkt mit interessanten Angeboten und touristischem Wert - aber ohne kulturpolitisches Konzept.



Öffnet den Karlsplatz"
Bürgerinitiative im O-Ton


Seit der ersten Presseaussendung Anfang Jänner verfolgt wienweb die Aktivitäten der neugegründeten Initiative. Im Zuge dessen gab es auch mehrmaligen Mail-Kontakt. Hier einige beipielhafte Antworten der Initiatoren:

Ziel der Initiative

Die Bürgerinitiative setzt sich zum Ziel, mit dem Karlsplatz inmitten Wiens einen Raum der künstlerischen und urbanen Bewusstseinsbildung zu schaffen. (...) Das Initiatoren-Komitee spricht sich daher entschieden dafür aus, dass am Karlsplatz ein Ort der Kunst entsteht, die aktiv an politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen teilnimmt. (Presseaussendung)

Kulturpolitischen Visionen der InitiatorInnen

Mir ist dabei der Standpunkt (...) sehr wichtig: Was bietet der Karlsplatz für die nachfolgenden Generationen? Da habe ich selber erst verstanden, daß das Zeitalter der Computer und vieler neuer Kulturtechniken unbedingt in dieser Neuplanung mit berücksichtigt werden muß. Der Wunsch nach Öffnung ist daher ein Wunsch, daß viel Neues in die Neugestaltung einfließen soll. (Wolfram Liebig)

Unterstützung durch die Stadt Wien

Mein Eindruck war schon, dass man dafür Interesse gezeigt hat. Aber auch in dieser Frage wird noch ein Termin abzuwarten sein. Interessant ist jedenfalls für mich, dass die Grünen noch kein Interesse gezeigt haben. Dabei müsste denen die Verkehrshölle am Karlsplatz doch ein besonderer Dorn im Auge sein. (Wolfram Liebig)